Die Stadt Chios ist wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Insel Chios, gleichzeitig Sitz der Verwaltung und Hauptstadt. Sie liegt an der Ostküste im Zentrum der Insel und steht der eriträischen Halbinsel Kleinasiens gegenüber. Mit ihren fast 30.000 Einwohnern vereint sie rund die Hälfte der Inselbevölkerung in ihren Stadtgrenzen. Durch archäologische Funde wurde nachgewiesen, dass das heutige Stadtgebiet schon vor 8000 Jahren in frühgeschichtlicher Form besiedelt war. Mit Gewissheit lassen sich noch Gebäude nachweisen, die sich auf 1000 v. Chr. zurückdatieren lassen. Die Stadt ist also auf jeden Fall über 3000 Jahre alt.
Durch ihre Lage nahe der Küste Kleinasiens hatte Chios in all den Jahrhunderten eine außerordentlich große Bedeutung. Nicht nur weil es schon von Natur aus auf einen großen Reichtum zurückgreifen kann, sondern auch weil es als eminent wichtiger, strategischer Punkt auf der Handelsroute des südlichen Ägäischen Meeres mit dem Schwarzen Meer galt. Wegen der zentralen Lage - sowohl geografisch als auch bürokratisch - befinden sich hier die meisten kulturellen Stätten. Ein Grund dafür, dass sich vor allem hier die Zeit am besten verbringen lässt, wenn Wanderungen durch die Natur und Strandurlaub auch durch kulturelle Dinge ergänzt werden sollen.
Von seiner Entstehung bis jetzt hat es lange Zeit im Wohlstand und im Verfall verbracht, und bei jedem Neubeginn wurde die gleiche geografische Lage ausgewählt. Aus diesem Grund ließen sich Funde aus allen Perioden der Geschichte im urbanen Gebiet machen. Das macht die Stadt Chios, wie andere große griechische Städte, zu einer Verkörperung der griechischen und ägäischen Vergangenheit.
Das auffälligste historische Gebäude ist die Burg von Chios, die direkt am Eingang zum Hafen liegt. Zutritt erhält man durch das südliche Tor, die Porta Maggiore. Die Befestigungsanlage byzantinischer Zeit ist im 9. Jahrhundert erbaut worden und wurde während der genuesischen Besetzung im 15. Jahrhundert erweitert. Im Zuge dieser Erweiterung wurden auch die Schäden aus diversen Kriegen des Mittelalters beseitigt. Die Grundfeste der Burg, drei Türme und ein Adler, lassen sich heute noch bewundern.
Erreicht man das Innere der Wallanlagen, gibt es viele Dinge, die man sich ansehen sollte. Der Stein von Kara Alis ist ebenso eine dieser Sehenswürdigkeiten wie das Gefängnis, das 70 Gouverneure gefangen hielt, ehe sie im Zuge des Massakers 1822 von den Türken erhängt wurden. Daneben befindet sich im Innern die Kirche des Heiligen Georg und aus türkischer Zeit die Türkischen Bäder, die Kria Vissi und der Koules Turm. Der marmorne Brunnen auf dem zentralen Platz wurde ebenfalls aus Kleinasien herübergebracht. Außerdem sehenswert ist der barocke Springbrunnen in der Martyron Straße, der "Marmorbrunnen des Pasha Melek".
In einem renovierten Gebäude aus dem 15. Jahrhundert - dem Justinianischen Museum - befindet sich heute eine Ausstellung von Mosaiken, Fresken, Ikonen und Holzarbeiten.
Außerhalb der Burg ist auch die Tzami, die türkische Moschee, heute eine Ausstellungshalle. Hier sind Skulpturen aus byzantinischer und jüngerer Zeit ebenso zu sehen wie Funde aus der Steinzeit, muslimische Grabsteine und arabische Monumente sowie bronzene und eiserne Kanonen. Im Vorhof befinden sich Überreste antiker Tempel von Chios aus dem frühchristlichen bis zum byzantinischen Zeitalter.
Das Chios Museum befindet sich in der Mihalon Straße. Unter vielen bedeutenden Funden ragen vor allem Inschriften von Alexander dem Großen heraus, die die Einrichtung der Demokratie im Jahre 332 n. Chr. beweisen. Weitere interessante Ausstellungsstücke sind zwei weibliche Marmorstatuen aus archaischer Zeit vom Apollon-Tempel und der frühchristlichen Kirche von Fana.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Koraes Bibliothek, die drittgrößte und damit wohl drittwichtigste Griechenlands. Unter dem Bestand von 150.000 Bänden sind wertvolle Handschriften, die von Ereignissen lokaler Geschichte berichten. Bestandteil ist auch die Bücherkollektion von Raritäten des Namensgebers Adamantios Koraes und eine einzigartige Sammlung von Dokumenten über Chios aus dem Bestand von Philip Argentis. Im gleichen Gebäude befindet sich auch eine Ausstellung von persönlichen Andenken wichtiger Chioten und das Ethnologische und Traditionelle Museum der Argentis Assoziation.
Chios, so viel ist klar, besticht aber nicht nur mit Museen und Ausstellungen. Im Focus des kulturellen Interesses steht sicher das Homer Zentrum des Verwaltungsbezirks Chios, das der Insel im Jahre 1974 von Michael und Stamatia Xyla. Wegen seiner einzigartigen Möglichkeiten beherbergt und organisiert diese Organisation so gut wie alle kulturellen Veranstaltungen, von denen einige national, wenige sogar internationale Bedeutung haben.
Vom zentralen Platz, dem Vounaki-Platz, in Richtung Süden startet die Einkaufspassage, die Aplotaria-Straße. Auf einer Länge von über 250 Metern zur östlichen Seite dieser Fußgängerzone erstreckt sich das kulturelle und religilöse Zentrum der Stadt. Ein Teil dessen ist die Kathedrale des Heiligen Viktores, erbaut nach 1881, deren Verwaltungsgebäude direkt angrenzen. Die älteste Hochschule der Insel, ein Gebäude im klassischen Stil, befindet sich direkt gegenüber und wurde 1792 gegründet.